Andre Hofer
Franz Kranewitter zeigt in seinem Schauspiel ausschließlich die Misserfolge und das Ende des Andreas Hofer. Von seinem Aufstieg, von seinen Triumphen ist hier keine Rede mehr. Die Personen der Handlungen sehen sich auf Schauplätze verwiesen, wo sie nicht agieren, sondern nur diskutieren können - das Geschehen spielt in Wirtsstuben bzw. (am Ende wird der Raum noch enger, bedrohlicher) im Inneren der Pfandler Almhütte.
Kranewitter folgt in den Grundzügen den historischen Quellen und er verzichtet auf jede Szene, die dem konservativen Hofer-Mythos dienlich sein könnte. Seine Konzeption verdeutlicht vielmehr, dass das dargestellte geschichtliche Ereignis sich gegen jede verklärende Stilisierung sträubt und dass der Sturz des Titelhelden alles andere als eine schicksalhafte Fügung ist - dieser Sturz wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren ausgelöst:
Zum einen durch eine Politik, deren Interessen Hofer nicht genug versteht, der er aber ausgeliefert ist: die Politik des österreichischen Intendanten und des Kapuziners Haspinger.
Zum anderen durch den Umstand, dass Hofer sich einen Führungsanspruch anmaßt, der in diesem Schauspiel als unberechtigt und politisch untragbar erscheint. Der traditionelle Hofer-Mythos wird damit zerschlagen, er wird allerdings am Schluss ersetzt durch eine neue Legendenbildung, indem Hofer im letzten Aufzug als „Märtyrer des Gewissens“ gezeichnet wird.
Kranewitters "Andre Hofer" wurde zum ersten Mal im Hoftheater von Meiningen 1902 aufgeführt. Die in Wien vorbereitete Premiere fand zunächst nicht die Zustimmung der Zensur. Erst nach einer Reihe von Protestaktionen, nachdem sich zahlreiche Schriftsteller, Reichsratsabgeordnete und Zeitungen für Kranewitter eingesetzt hatten, kamen einige Vorstellungen im Deutschen Volkstheater, ebenfalls noch 1902, zustande. Die 1903 angesetzte Erstaufführung in Innsbruck aber erregte einen Skandal: Seit Dezennien - so erinnerten sich damals die "Innsbrucker Nachrichten"-hatte man im Tiroler Theaterbetrieb eine ähnliche Auseinandersetzung nicht erlebt Vor ausverkauftem Haus gab es einerseits immer wieder Pfuirufe und Störaktionen durch Signalpfeifen, anderseits frenetischen, dem Dichter und den Darstellern gespendeten Beifall.
Das deutschnationale Lager sorgte für den Applaus, das christlichsoziale Lager für das Pfeifkonzert. Weil die Statthalterei Zusammenstöße und sohin Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und Gefährdung der Sicherheit des Theater-Publikums in bedeutenderem Maße befürchtete, wurde eine Wiederholung der Vorstellung schließlich untersagt.
Genehmigt wurde nur mehr eine Sondervorstellung vor geladenen Gästen, den Honoratioren der Stadt und der Universität.